AD(H)S / Aufmerksamkeitsdefizit
Verhaltensauffällig – wann müssen Sie sich Sorgen machen?
ADHS oder verhaltensauffällig – das ist das gefürchtete Schlagwort in der heutigen Zeit. Ein emotionales und viel diskutiertes Thema! Kritiker sagen, ADHS gäbe es nicht und die Verhaltensauffälligkeiten seien lediglich das Resultat schlechter Erziehung. Zudem sei ADHS keine ernstzunehmende Diagnose bei Erwachsenen. Viele Ärzte hingegen sagen: ADHS bleibt bei Erwachsenen viel zu häufig unentdeckt.
Letzteres beobachte ich auch in meiner pädagogisch-therapeutischen Lernpraxis. Zudem ist alarmierend, dass das Robert-Koch-Institut in seiner Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, kurz KIGGS, festgestellt hat: Bei gut einem Fünftel aller Kinder und Jugendlichen zwischen drei und siebzehn Jahren besteht das Risiko zur Verhaltensauffälligkeit.
Ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene – es gibt für jede Altersgruppe eine typische Symptomatik, die das Leben schwierig macht:
ADHS oder ADS bei Kindern
Diagnose
Die Diagnose ADS oder ADHS wird meist mit dem Eintritt in den Kindergarten oder in die Grundschulegestellt, weil die Kinder dort „irgendwie“ aus dem Rahmen fallen.
Die typischen Symptome von ADHS sind Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Diese können bei jedem Kind unterschiedlich gewichtet sein. Die Kinder sind eher hyperaktiv (Zappelphilipp). Kinder mit ADS sind eher langsam, still und fallen in der Schule wenig auf (Träumsuse). Letztere Variante bleibt oft unentdeckt, da meist niemand an eine behandlungsbedürftige Erkrankung denkt.
Symptome und Folgen
Bei Kindern mit einer AD(H)S-Symptomatik lässt sich beobachten, dass sie sich kaum über längere Zeit konzentrieren können. Die Kinder mit ADHS sind immer in Bewegung und können ihr Verhalten nur schwer bestimmten Situationen anpassen. Werden sie ermahnt oder haben Misserfolge, reagieren sie oft schnell stark gereizt und wütend. Übersehen wird dabei häufig das gleichzeitige oftmals aufgeschlossene, begeisterungsfähige, kreative und hilfsbereite Verhalten.
Durch diese Symptomatik kann ein Kind schnell in die Rolle eines Außenseiters geraten. Ebenso leiden auch die Eltern von AD(H)S-Kindern, die unter dem ständigen Druck stehen, alles richtig zu machen. Vor allem jedoch kommen die Eltern häufig an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.
ADHS / ADS bei Jugendlichen
Kinder im Teenageralter mit AD(H)S strapazieren sich und ihre Umwelt weniger mit ihrer motorischen Unruhe, doch haben sie auch weiterhin Konzentrationsdefizite. In der Schule und zu Hause fallen sie durch ihre mangelnde Alltagsorganisation und ineffiziente Arbeitsweise auf. Sie haben eine schlechte Impulskontrolle und sind häufig emotional labil.
Diese Jugendlichen gehen öfter frühe sexuelle Beziehungen ein, sind hier auch sehr risikofreudig. Sie verhüten seltener, was zu bis zu 40fach erhöhten Teenager-Schwangerschaften führt. Des Weiteren haben sie mehr sexuell übertragbare Krankheiten.
In der Pubertät belasten die Jugendlichen mit AD(H)S den Familienfrieden mit ihren Stimmungsschwankungen. Sie sind manchmal depressiv und ängstlich, haben dann aber wieder extreme Wutausbrüche und reagieren aggressiv.
ADHS / ADS bei Erwachsenen
Nicht wirklich reif für Studium oder Ausbildung
Spricht man von AD(H)S, so fast immer im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen. Doch so manchen begleitet die Erkrankung bis ins Erwachsenenalter – bei vielen wird sogar erst dann diese Diagnose gestellt.
Viele junge Erwachsene sind oft weder reif für ein Studium noch für eine Ausbildung.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass viele Firmen die Arbeitshaltung ihrer Azubis beklagen. Sie kämen weder pünktlich noch ließen sich Strukturen und Abläufe bei ihrer Arbeit erkennen. Oft seien sie impulsiv, wenig stresstolerant, emotional labil. Sie hörten nicht zu, hätten schnell wieder alles vergessen, könnten das Gelernte nicht anwenden und fallen immer wieder durch ein gestörtes Sozialverhalten auf. Dauernd beklagten sie sich und nörgelten an allem herum.
Azubis, Studenten und ihr Umfeld leiden
Aber nicht nur die Chefs in den Firmen, sondern auch viele der jungen Menschen selbst leiden unter ihrem Verhalten. Sie merken, dass sie beruflich und auch privat ihre Ziele und Träume nicht annähernd erreichen. Ständig vergessen sie Termine, halten sich nicht an Absprachen, verzetteln sich, bringen nichts richtig zu Ende. Viele von ihnen fühlen sich innerlich getrieben und ruhelos. Sie sind sehr impulsiv und es fällt ihnen schwer, ihre spontanen Einfälle richtig abzuwägen. Von wichtigen Arbeiten lassen sie sich gerne ablenken durch unwichtige Dinge wie chatten, surfen im Internet oder WhatsApp-Kommunikation.
Die Ursache ist oft ADHS, von der man lange Zeit dachte, dass sie sich mit zunehmendem Alter zurückbildet. Heute weiß man, dass das Störungsbild und die Diagnose ADHS auch im Erwachsenenalter noch vorliegen kann. Die Symptome äußern sich nur anders als bei Kindern.
AD(H)S bei /Erwachsenen oft unerkannt
Das Krankheitsbild bei Erwachsenen ist schwer zu erkennen, weil die Anzeichen dafür vielfältig sein können. Da die Symptome auch oft auf andere Leiden hindeuten, wird AD(H)S häufig mit manchen psychischen Erkrankungen verwechselt.
Doch die Auswirkungen der AD(H)S sind bei Erwachsenen nicht weniger gravierend als bei Kindern und Jugendlichen. Ein unbehandeltes AD(H)S konfrontiert auch erwachsene Betroffene sowohl beruflich wie privat mit zuweilen großen Schwierigkeiten.
Anzeichen von ADHS bei Erwachsenen
Wie Kindern und Jugendlichen fällt es auch den Erwachsenen mit AD(H)S sehr schwer, sich länger auf eine Sache zu konzentrieren und ihre Gefühle im Zaum zu halten. Reizbarkeit und häufige Wutausbrüchesind die Folge. Sie können meist schlecht einzuschätzen, wie ihr eigenes Verhalten auf ihre Mitmenschen wirkt.
Während Kinder mit ADHS vor allem körperlich unruhig sind, äußert sich die Hyperaktivität bei Erwachsenen mehr in einer starken inneren Unruhe und Nervosität, was sich häufig durch Einschlafstörungenbemerkbar macht. Bei vielen Betroffenen kommen außerdem ausgeprägte Stimmungsschwankungenhinzu. Zudem neigen viele zu riskantem und selbstgefährdendem Verhalten im Straßenverkehr.
Folgen von ADHS
Doch das Hauptproblem, mit dem erwachsene Betroffene sowohl im beruflichen wie im privaten Bereich zu kämpfen haben, ist ihr unorganisierter Alltag. Aufgrund dessen haben einige Personen Schwierigkeiten ihre Ausbildung bzw. ihr Studium erfolgreich abzuschließen. Für manche ist es schwer, eine adäquate Arbeit zu finden und Karriere zu machen. Häufig sind sie unpünktlich, schieben wichtige Termine auf, vergessen Abmachungen und Geburtstage oder verlegen Gegenstände, können sich schlecht entscheiden und leben nur im Augenblick.
Chronologie des Scheiterns – beruflich und privat
All diese Symptome behindern Erwachsene in ihrem Alltags- und Berufsleben. Um die durch die Symptome entstandenen Nachteile zu kompensieren, müssen sie enorm viel Energie aufwenden, die ihnen letztlich für andere Dinge fehlt. Es gibt tatsächlich von ADHS betroffene Erwachsene, die es schaffen, im Beruf erfolgreich zu sein. Die meisten scheitern jedoch früher oder später, weil sie die Herausforderungen des Berufslebens mit den vielen Einschränkungen nicht leisten können.
Doch nicht nur das Berufsleben ist für die meisten ADHS-kranken Erwachsenen eine „Chronologie des Scheiterns“. Nahezu alle Lebensbereiche sind davon betroffen. Gerade in Familie und Beziehungen können die typischen ADHS-Verhaltensweisen zu vielen Problemen führen. So ist das Privatleben eines ADHS-Kranken nicht selten gekennzeichnet von Chaos und Ärger im Alltag, finanziellen und juristischen Problemen, Streit, Trennungen und Scheidungen.
Aber auch Erwachsene mit ADHS können ohne Medikamente ein sehr erfolgreiches Leben führen, sofern die Rahmenbedingungen passen und sie aus ihrer Kreativität und ihren Ideen etwas machen. Deshalb biete ich den Betroffenen und ihrem Umfeld in meiner Praxis gezielte Unterstützung an.
In meiner Praxis arbeite ich mit einem Therapiekonzept, das aus vielen kleinen Bausteinen, wie das Ordnen von Gedanken, Steuern von Aktivität und Aufmerksamkeit, Stressmanagement, Regulierung der Stimmungs- und Impulskontrolle und vielem mehr besteht. Das erhöht die Leistungsfähigkeit und verbessert auch die Arbeits- und Lebensqualität erheblich.
Besteht der Verdacht auf ADHS oder wurde ADHS diagnostiziert? Dann sollten wir miteinander sprechen.
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